Themen kommen, blühen auf, und gehen wieder. Das Schicksal des Betroffenen bleibt.

Mit News-Themen ist es wie mit der Börse. Sie steigen, sinken oder bleiben stabil. Wie sich das entwickelt, ist so unvorhersehbar wie der Kurs des Bitcoin.

Es gibt allerdings einen kleinen Unterschied zwischen Börse, Bitcoin und betroffenen Menschen. Mit dem Suchbegriff Pierin Vincenz findet man im Medienarchiv für das gesamte Jahr 2020 gewaltige 2100 Treffer. Das bedeutet, dass dieser Name rund 6 mal erwähnt wurde. Tag für Tag, jeden Tag.

Im noch jungen Jahr 2021 wurde er ganze 4 mal genannt. Nun kann man natürlich einwenden: Sicher, aber das sind ja nur 18 Tage. Aber es hilft eine Extrapolation. Geht das so weiter, wird der Name Vincenz im ganzen 2021 ziemlich genau 80 mal in den Medien genannt werden.

Interesse da, Interesse weg, Interesse da

Wenn nicht, um diese Prognose wie ein Kundenberater zu relativieren, noch dieses Jahr der Prozess vor dem Bezirksgericht Zürich beginnt. Dann wird es eine deutliche Übererwähnung geben, wenn der Termin bekannt gegeben wird. Übertroffen natürlich während des Prozesses, so wie die Tage vorher. Da nicht anzunehmen ist, dass das Urteil am letzten Prozesstag verkündet wird, ist dann wieder Ruhe.

Einen dritten Peak wird es bei der Urteilsverkündung geben. Unbeschadet davon dass entweder Staatsanwalt oder Angeschuldigte, je nachdem, das Urteil sowieso  weiterziehen werden: Die Bekanntgabe des Urteils ist eher banal. Also wird das selbstverständlich mit Kommentaren, Einschätzungen, Rückblicken, Interviews mit Experten, neuen Versuchen, mit den Angeschuldigten ein Interview zu führen, Gegenmeinungen von anderen Experten, Stellungnahmen von Raiffeisen, von Aduno, von Raiffeisen-Genossenschaftern, von Menschen auf der Strasse umrankt werden.

Denn so einen Knaller gilt es auszuschlachten. Dann kommen die Gegenexperten, die sich etwas Ruhm und Aufmerksamkeit abschneiden wollen, indem sie schon interviewten Experten scharf widersprechen. Nicht fehlen dürfen auch die angeblich mit dem Fall vertrauten oder den Angeschuldigten nahestehenden Personen, die – auch in der Schweiz – nicht gratis Insiderwissen verkaufen.

Vincenz ist am Boden zerstört, «ich mache mir Sorgen um ihn», «Vincenz ist ungebrochen kampfesmutig, er ist sich sicher, dass er seine Unschuld beweisen kann». Und alles, was dazwischen liegt. Und dann ist wieder Sendepause, bis zur nächsten Instanz.

Was passiert mit dem Opfer dieser Medienfolter?

Natürlich kann man sagen: so funktioniert der Journalismus halt. Von einem Tag auf den anderen popt etwas Neues auf. Man erinnert sich vielleicht noch an den Fall Kachelmann. Es wurden Gigabyte verschwendet; Analysen, Einschätzungen, selbst Gerichtsreporterinnen von «Spiegel» und «Zeit» sahen ihre Chance gekommen, sich endlich mal selber ins Scheinwerferlicht zu rücken. Dann Prozess, Urteil, und seither? Nichts, nada null.

Obwohl Jörg Kachelmann selber mit allen Mitteln versuchte, sich im Gespräch und in den Medien zu halten. Um sich über deren grausamen Voyerismus zu beschweren. Sozusagen ein frühes Vorbild von Jolanda Spiess-Hegglin.

Was passiert aber mit einem, wenn man stumm zuschauen muss, wie man bis ins Intime hinein durch die Medien geschleift wird? Wenn es überhaupt keine Rolle spielt, dass Vincenz in den fast drei Jahren, seit der Fall mit seiner Verhaftung für Schlagzeilen sorgte, ein einziges Mal ein kurzes Statement veröffentlichte, dass er die Erfahrung seiner Untersuchungshaft nicht mal seinem schlimmsten Feind wünsche und sich mit allen Mitteln gegen diese ungerechtfertigten Anschuldigungen zur Wehr setzen werde.

Wie fühlt man sich, wenn man kein Wort gesagt hat, aber so viele Worte erdulden musste?

Wenn der zweite Hauptangeschuldigte noch nie ein öffentliches Wort gesagt hat, dennoch als Titelbösewicht für die «Bilanz» diente, als der Mastermind hinter Vincenz, als der «Schattenmann»?

Interessiert das die Medien in ihrer unermüdlichen Suche nach der Wahrheit, nach Gerechtigkeit? Diese angebliche Suche ist ein Witz, reine Heuchelei. Es gibt den Herdentrieb, die völlige Verantwortungslosigkeit des Journalisten, die ewige Suche nach Einschaltquote, Klicks, Erwähnungen. Nur das zählt. Sonst nichts.

7 Kommentare
  1. Power
    Power sagte:

    1. Interessant, ich soll hier meinen Namen angeben und Ihr bleibt anonym?? Komisch 🙂
    2. Sorry, die Bewislast ist erdrückend, dass mit seiner privaten Beteiligung an Unternehmen, welche nachher an Raiffeisen gingen und ihn somit bereichert haben scheint ziemlich eindeutig… Die Puffbesuche sind mir egal… Ich war lange RB Mitarbeiter und Vincenz Fan, daher ziemlich enttäuscht von dem Menschen… Diese Website ist ein kläglicher Versuch, etwas Schönwetter zu machen… Wird nicht funktionieren… Ihr bringt keine Gegenbeweise… Nur philosophischen Kram und Vergleiche u.a. zu Kachelmann… Das waren damals aber wirklich blosse Anschuldigungen ohne jegliche Beweise. Das sieht bei Vincenz eindeutig anders aus…

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  2. Petra M.
    Petra M. sagte:

    @Power: Was man aber wirklich sagen muss, dass bei Vincenz ein riesiges mediales Theater gemacht wird, wie nie zuvor. Falls es sich mit Insidergeschäften bereichert haben sollte, erhält er seine Strafe. Dies rechtfertigt jedoch nie diese Hetzjagd inklusive Untersuchungshaft über Wochen. Oder sehe ich da etwas falsch??

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  3. Iain Gordon Donnelly
    Iain Gordon Donnelly sagte:

    Pierin ist ohne jegliche Bedenken ein gute Person. Er hat es nicht verdient von den Schweizerpresse verurteilt zu werden. Er hat mehr für der Schweiz und der Raiffeisen sowie sonst gut getan, als alle die Ihm vernichten wollen – nicht zuletzt Paradeplatz!

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    • Jan Vantruther
      Jan Vantruther sagte:

      Wer Geld das ihm nicht gehört ungetreu verhuurt muss sich nicht wundern wenn er zum längeren Nachdenken in ein Selbstfindungszimmer eingesperrt wird.

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  4. Haudenschild
    Haudenschild sagte:

    Eine seriöse Untersuchung im Fall Vincenz ist angezeigt.
    Und zwar vollumfänglich mit Verstand, Herz und Kraft.

    Zu differenzieren gibt es dabei wohl einiges..
    Wenn wir Menschen verurteilen wollen, wenn sie auf Kosten der Firma Prostitution konsumieren, sollten wir uns allen Ernst gut beraten, ob es in Zukunft andere, gesündere Möglichkeiten gibt, wie mit menschlichen Bedürfnissen umgegangen wird.
    Denn der Fall Vincenz war und ist kein Einzelfall.
    Ich persönlich schlage definitiv das schwedische Modell der Abschaffung von Prostitution in unserem Land vor, weil die unmenschliche Situation für die Frauen UND Männer nur so langfristig zur Gesundung führen kann.
    Prostitution hat nichts mit Vergnügen oder Sexualität zu tun; es ist Energieraub. Energieraub, weil kein Ausgleich für Prostitution je möglich ist und sein wird.

    Weiter, so finde ich, wäre es an der Zeit, für bestimmte Berufsgruppen mit hoher Verantwortung einen „TÜV“ ins Leben zu rufen..
    Ärzte, Anwälte, Banker, Priester, Lehrer, CEO, Manager, Beamte..
    ..da es zwar nicht überall zu diversen Missbrauchsfällen dieser Art kommt, jedoch kommt es immer noch zu VIEL ZU VIELEN; dies zum grossen Leid letztlich von uns allen und damit meine ich die gesamte Gesellschaft.

    Das Wort Vertrauen wird immer noch gross geschrieben.

    DERMASSEN HOHE GEHÄLTER SOLLTEN EBENFALLS DRINGENDST ABGESCHAFFT WERDEN!
    JETZT.

    Herr Pierin Vincenz IST bereits bestraft durch seine Gedanken, kranken Emotionen und daraus erfolgten Taten bei vollem und klarem Bewusstsein seines Handelns.
    Dennoch ganz klar: Die Verantwortung in der Konsequenz seines Handels wird er selbst tragen müssen für alles, das jetzt schon offenbart ist sowie für Verborgenes in Zusammenhang mit diesem Fall.

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  5. Ivo
    Ivo sagte:

    Was hat Ihnen denn an meinem Kommentar vom 4.2.21 6:24pm derart missfallen, dass Sie diesen wegzensuriert haben????
    Ich erwarte ein sachlich begründete Antwort per Email!!!
    Ivo

    Antworten

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