Denn wo Willkür herrscht, hat der Rechtsstaat aufgegeben. Zumindest versagt.
Mit Macht verhält es sich wie mit Freiheit. Grenzenlos gibt es nicht. Oder wenn grenzenlose Macht ausgeübt wird, grenzenlose Freiheit ausgelebt, dann geht das auf Kosten der Gerechtigkeit, auf Kosten des anderen, auf Kosten des Schutzes vor Willkür.
Staatliche Organe haben in Diktaturen fast grenzenlose Macht. Der Einzelne wird faktisch nicht geschützt. Ein Willkürurteil, hinter verschlossenen Türen gefällt, eine absurde Strafzumessung, um ein abschreckendes Beispiel zu statuieren.
Oder gleich das Verschwinden, spurlos, unauffindbar, alle staatlichen Bemühungen um Aufklärung über den Verbleib sind leider vergeblich. Gleich verhält es sich auch mit Anklagen. Nichts ist zu absurd, um nicht verwendet zu werden. Dazu gibt es immer genügend Gummiparagrafen; feindliche Propaganda. Störung des sozialen Friedens. Verächtlichmachung staatlicher Symbole. Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt.
Ein kluger Franzose sagte einmal:
Wenn man dich beschuldigt, ein Portemonnaie gestohlen zu haben, dann nimm dir einen Anwalt. Wenn man dich beschuldigt, den Eiffelturm gestohlen zu haben, dann nimm die Beine in die Hand und lauf.
Vor all dem sind wir doch glücklicherweise im Schweizer Rechtsstaat geschützt. Vor Willkür, ihre Macht missbrauchende Strafverfolgungsorgane, vor absurden Anschuldigungen. Das stimmt meistens, aber nicht immer.
Auch in der Schweiz ist der Rechtsstaat alles andere als perfekt
Die Malaise bei der Bundesanwaltschaft, der obersten Strafverfolgungsbehörde, ist sattsam bekannt. Von der ersten Amtsinhaberin nach der Reform an, gibt es eine ununterbrochene Reihe von Versagern, skandalträchtigen Vorgängen, Vernichtung von Existenzen.
Carla del Ponte stilisierte sich zur grossen Mafia-Jägerin der Schweiz. Resultat: Kein einziger von ihr gross angekündigter Fall schaffte es bis zu einer Verurteilung. Hingegen musste die Staatskasse happige Entschädigungen zahlen. Der Unternehmer Hans Zemp kämpft bis heute um Gerechtigkeit, nachdem er von Del Ponte ungerechtfertigt in U-Haft genommen wurde. Während sein damaliger Geschäftspartner die gemeinsamen Firmen ausplünderte.
Der Bankier Holenweger wurde ruiniert, musste seine Bank schliessen. Aber alle Vorwürfe gegen ihn erwiesen sich als haltlos, selbst der Einsatz eines mehr als zweifelhaften Agent Provocateur brachte nichts. Nach seinem endgültigen Freispruch forderte Holenweger eine Entschädigung von 16 Millionen Franken. Sein Antrag wurde vor Gericht abgeschmettert.
Noch mehr stossende Fälle, aber längst nicht alle
Ein mutmasslicher Straftäter sitzt seit über 6 Jahren in U-Haft, ohne Urteil. Grossbetrüger verbringen keinen einzigen Tag im Knast. Gegen den Geschäftsmann Jean-Claude Bastos wurden diverse Strafverfahren losgetreten, lediglich aufgrund einer Kampagne, die Tamedia fuhr, basierend auf gestohlenen Geschäftsunterlagen. Bastos wurde von allen Anschuldigungen entlastet, freigesprochen, die Verfahren eingestellt. Nur war seine Firma in der Zwischenzeit bankrott.
Pierin Vincenz schliesslich ist der ungetreuen Geschäftsbesorgung beschuldigt. Andere Angeschuldigte sollen ihm dabei geholfen haben. Aber unter denen ist kein einziger ehemaliger oder aktueller Raiffeisen-Mitarbeiter. Nicht der ehemalige VR-Präsident, der seiner Aufsichtspflicht weder bei Transaktionen, noch bei Spesenabrechnungen nachkam.
Ein einsamer Straftäter mit Alleinschuld innerhalb von Raiffeisen?
Auch nicht das Controlling, auch nicht die Zuständigen für Corporate Governance, auch nicht weitere Profiteure innerhalb von Raiffeisen. Vincenz soll zudem Spesenbetrug begangen haben. Ganz alleine? Mussten seine Spesen nicht vom VR-Präsidenten abgezeichnet werden? Gab es niemanden im Controlling, der den Warnfinger hätte heben sollen?
Die Macht der Strafverfolger in der Schweiz ist gross, aber nicht absolut. Immerhin. Aber der Fall Vincenz ist ein abschreckendes Beispiel, wie weit ein Staatsanwalt gehen kann, ohne dass ihm ein Riegel geschoben wird. Ganz abgesehen davon, dass er, wie die ganze Reihe der Bundesanwälte von Del Ponte bis heute, niemals zur Verantwortung gezogen werden kann, für die Schäden, die er verursacht, haftbar gemacht wird.
Amtsmissbrauch und ungetreue Amtsführung: zwei zahnlose Artikel
Es gibt zwar den Artikel 312, Amtsmissbrauch, und 314, Ungetreue Amtsführung. Aber die werden sehr, sehr selten zur Anwendung gebracht. Gegen einen Staatsanwalt in Ausübung seines Amtes noch nie.
Hier, wie eigentlich überall, wird darauf vertraut, dass gesunder Menschenverstand, Augenmass und Verhältnismässigkeit gewahrt bleiben. Wenn das nicht der Fall ist, ist guter Rat teuer.
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