Wer bezahlt eigentlich die ganzen Kosten der Strafuntersuchung?

Haftung heisst, für die Folgen eigenes Tuns, oder eigenes Verschuldens, die Verantwortung zu übernehmen. Keinesfalls reicht da ein «’tschuldigung, tut mir Leid, dumm gelaufen, mache ich nie mehr» aus.

Haftung heisst, die Verantwortung nicht nur verbal übernehmen, sondern integral. Vor allem natürlich auch finanziell. Es gibt da gerade ein schönes Beispiel dafür. Pharma-Unternehmen, die mit Hochdruck an bereits zugelassenen oder sich in der letzten Testphase befindenden Impfstoffen gegen das Corona-Virus arbeiten, haben dabei eine unglaubliche Geschwindigkeit vorgelegt.

Statt den üblichen vier bis acht Jahren, die es von der Forschung über die Entwicklung und vor allem Testung eines neuen Wirkstoffs braucht, wurde das auf etwas mehr als sechs Monate zusammengestaucht. Nun erklären sich die normalen Zeiten bis zur massenhaften Anwendung am Menschen nicht damit, dass immer wieder lange Ruhepausen eingelegt werden.

Wer übernimmt die Haftung bei Nebenwirkungen?

Wer sich mit einem FDA-Approval auskennt, weiss, welche Hürden da zu überwinden sind. Nun wurde dieses Prozedere durch Notfall- oder Ausnahmegenehmigungen ersetzt. Gleichzeitig ist es vor allem in den USA so, dass dennoch auftretende Nebenwirkungen oder gesundheitliche Schäden zu Haftungs- und Schadenersatzprozessen führen, die nicht selten mit dem Bankrott des Herstellers enden.

Also hätte in den USA kein einziges Pharma-Unternehmen damit begonnen, viel Geld in die Entwicklung eines Impfstoffs zu stecken, dessen Zulassung am Anfang völlig ungewiss ist. Und dessen möglich Nebenwirkungen, vor allem mittel- und langfristig, schlichtweg nicht abgesehen werden können.

Daher hat die US-Regierung beschlossen, die Hersteller weitgehend von der Haftung zu befreien und sie durch Staatshaftung zu ersetzen. Das ist übrigens auch in der Schweiz der Fall.

Wer bezahlt die happigen Kosten im Fall eines Freispruchs?

Womit wir beim Fall Vincenz wären. Drei Jahre aufwendige Strafuntersuchung. Gigabyte durchzuarbeitender Dokumente. Noch mehr Gygabyte von bei Hausdurchsuchungen beschlagnahmten Unterlagen, die zudem aus Versiegelungen freigekämpft werden mussten. U-Haft gröberer Art. Arretierung von Vermögenswerten bei vielen angeblich Beteiligten, mit allen persönlichen und wirtschaftlichen Folgen.

Schliesslich das Formulieren der Anklageschrift, die zu einem 364-seitigen Monstrum gewachsen ist. Von den Beilagen gar nicht zu reden; wären sie in Papierform, müsste ein Lastwagen beim Bezirksgericht vorfahren. Ein grosser Lastwagen. Mit Anhänger.

Bevor nun das Gericht einen Prozesstermin ansetzt und weitere Kosten verursacht: Wer haftet eigentlich dafür, wenn die ganze Affäre mit Freisprüchen auf ganzer Linie enden würde? Offenbar geht die Verteidigung von fast allen Angeschuldigten davon aus. Nur ein einziger, eher am Rande Beschuldigter, akzeptierte einen Deal mit dem Staatsanwalt, um aus diesem Alptraum herauszukommen.

Gibt es hier auch persönliche Haftung?

Haftet hier auch derjenige, der diese ganze Untersuchung angestossen hat, der sie durchgeführt hat? Natürlich nicht. Am Anfang stand eine Strafanzeige. Die kostet nix, ausser, man lässt sie bereits durch einen Anwalt formulieren. Sieht der Strafverfolger, in diesem Fall der Wirtschaftsstaatsanwalt, einen Anfangsverdacht, dann ist der Erstattet der Strafanzeige von weiteren Taten befreit. Er lässt sich als Privatkläger eintragen und sitzt auf der Zuschauertribüne, wo er ausführlich von allen Taten des Staatsanwalts unterrichtet wird.

Also haftet der Staatsanwalt? Wenn man bedenkt, dass zu den eigentlichen Untersuchungskosten noch die Kosten der Verteidigung dazukommen, Entschädigungen für zu Unrecht erlittene U-Haft, Entschädigungen für zu Unrecht eingezogene Vermögenswerte, Entschädigung für den zerstörten Ruf, entgangene Einkommen oder Erlöse, Entschädigungen für Gutachten von Experten, dann kann man hier – genaue Zahlen sind schwierig zu erurieren – von mindestens, aber allermindestens 10 Millionen Franken, vielleicht eher 20 Millionen, ausgehen.

Also der Schaden ist bezifferbar, der Verursacher bekannt. Im Falle eines Freispruchs hat sich der Staatsanwalt vom Anfangsverdacht durch die ganze Untersuchung hindurch bis zur Formulierung der Anklageschrift mit der Forderung nach drakonischen Gefängnisstrafen, geirrt. War auf dem Holzweg. Alles für die Katz, aber teuer.

Wenn der Strafverfolger auf dem Holzweg war, haftet er dann?

Natürlich muss auch in diesem Fall weder der Staatsanwalt persönlich, noch sonst einer an der Strafverfolgung beteiligten Beamten ins eigene Portemonnaie greifen. Bei Amtshandlungen, die nicht als Amtsmissbrauch bewiesen werden können. Ist der Beamte selbstverständlich haftungsfrei. Auch hier übernimmt der Staat das Zahlen der Zeche.

Aber da der Staat, zumindest in der Schweiz, dafür nicht einfach durch die Notenbank neues Geld drucken lässt, kommt nicht der Staat an die Kasse. Sondern diejenigen, die ihm das Geld geben. Die Steuerzahler. Ungefragt. Es sind einige Fälle bekannt, gerade bei diesem Staatsanwalt, dass seine Anklage mit Schimpf und Schande aus dem Gericht flog. Aber es sind keine Fälle bekannt, bei denen es gelang, einem Strafverfolger Amtsmissbrauch mit Haftungsfolgen für ihn persönlich nachzuweisen.

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