Die neue Raiffeisen-Leitung hat sicher ihre Spesen im Griff. Aber sonst?
Aufbruch, Neustart, auf in die Zukunft. Jetzt geht’s aber richtig los, wir haben einen Plan. «Raiffeisen 2025», das verkündete VR-Präsident Guy Lachappele an der jüngsten GV der Raiffeisen-Gruppe.
Ein Feuerwerk von Ideen, digitale Transformation, auf Stärken konzentrieren, Schwächen ausmerzen, zudem sind die Aufräumarbeiten nach der Ära Vincenz soweit durch. Warum erwähnen, dass es – neben dem Strafprozess – noch einen kleinen Streit um über 100 Millionen Franken geht.
Davon wollen wir uns doch nicht die gute Laune kaputt machen lassen. Denn nun wird Raiffeisen eine Full-Service-, One-Stop-Bank. Wertschöpfungskette, Zusatzgeschäfte, Beratung, Versicherungen, Verwaltungen, alles rund um die Immobilie. Auf Wunsch wird auch der Rasen gemäht.
Wohlfeiles Gequatsche, weniger gute Zahlen
So viel zum wohlfeilen Gequatsche. Die Zahlen sprechen eine etwas andere Sprache. Trotz Ankündigung ist Raiffeisen letztes Jahr zum ersten Mal nicht wenigstens so stark wie der Hypothekenmarkt selbst gewachsen. In diesem zentralen Segment, wo die Bank Nummer eins in der Schweiz ist.
Das fällt auch anderswo auf. Das österreichische Beratungsunternehmen Finnoconsult erstellt regelmässig ein digitales Banken-Rating; also wo stehen rund 213 Banken in der IT? Es wird nach einem Punktesystem bewertet; insgesamt schneiden die Schweizer Banken sehr mittelmässig ab. Als bester Vertreter liegt die Postfinance auf Platz 31.
Grosser Verlierer in einem internationalen Digital-Rating
Osteuropäische Länder und Grossbritannien liegen auf den ersten Plätzen, dort herrscht Innovation. Der international grösste Verlierer in diesem Ranking ist – Raiffeisen. Minus 1,25 Punkte, damit liegt die Bank vorne – bei den Top-Verlierern.
Offensichtlich hat es sich noch nicht zu Finnoconsult herumgesprochen, dass der nicht mehr so neue VRP und sein CEO, der im Gegensatz zu seinen Vorgängern sehr auf low profile macht, wundersame Pläne für die Zukunft haben.
Die schwankenden Prognosen des Chefökonomen
In diese schaut seit Jahr und Tag der Raiffeisen-«Chefökonom» Martin Neff. Nun ist aber das Blöde an der Zukunft, dass sie unvorhersehbar ist. Besonders in so volatilen Zeiten wie jetzt. Aber wenn die Glaskugel wieder mal einen Sprung hatte, macht nichts: dafür gibt es ja die «Korrekturen».
Also verkündet und verabschiedet Neff aktuell, dass das BIP der Schweiz im nächsten Jahr um 2,8 Prozent wachsen werde. Warum? Darum. Das ist eben die «Korrektur» der genauso amtlichen Vorhersage vom Juni, als er noch 4,3 Prozent prognostizierte.
Wenn’s dann am Schluss 1 Prozent oder 4 oder 3 oder was auch immer wird, nun, man kann ja nicht alles voraussagen, nicht wahr.
Und wenn noch mehr in die Hose geht?
Aber eines kann man. Seit dem unschönen Abgang des Vincenz-Nachfolgers Patrik Gisel im Herbst 2018 kann man den Nachfolgern ein Jahr des Orientierens, Aufräumens und was auch immer zubilligen. Aber nach einem weiteren Jahr wird immer deutlicher: Sie können zwar kühne Pläne basteln. Aber Performance, Zahlen, Erträge, Gewinne, Zukunftsstrategien, da hapert es doch deutlich.
Und während früher die Corporate Governance sozusagen auf dem Kopf stand, der CEO entschied fast alles im Alleingang, der VR nickte brav ab, ist es nun genau umgekehrt. Der VR-Präsident verkündet die neuen Marschrichtung und die hübschen Pläne dafür, der CEO ist unsichtbar und sitzt in seinem deutlich verkleinerten Eckbüro in der Zentrale.
Wenn sich dann noch beim Strafprozess herausstellen sollte, dass ein übermotivierter Staatsanwalt mal wieder eine Anklage gebastelt hat, mit der er krachend auf die Nase fällt, wenn sich ergeben sollte, dass die Forderungen von Vincenz und seinem Kompagnon völlig gerechtfertigt sind, dann wird es doch eher dünn für die neue Führung.
Sollten noch weitere Untergriffe oder Unfeinheiten herauskommen, kann das auch schnell gehen.
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