Strafbar oder nur unanständig? Spielt doch keine Rolle, Hauptsache Ruf kaputt.
Die Spesen, die Pierin Vincenz verursacht haben soll, bilden eine stetige Quelle von Nachrichten. Nachdem das Thema Rotlichtspesen, Pardon, etwas ausgelutscht ist, sorgen die Medien gerne für neue Blickwinkel.
Dafür ist sich auch die NZZ nicht zu schade. Denn neben diversen Verlustierungen, bei denen nach Ansicht der Staatsanwaltschaft der Geschäftszweck nicht erkennbar sei, hat Pierin Vincenz auch Reisen unternommen.
Die NZZ ist nun einem Ausflug genauer nachgegangen, der schon diverse Male durch die Medien geisterte. Eine Reise nach Dubai zum Golfspielen. Genauer, eine Luxus-Reise nach Dubai mit Aufenthalt im Burj al-Arab, diesem Wahrzeichen von Dubai auf einer eigenen kleinen Insel.
Das sei «eines der teuersten Hotels der Welt», weiss die NZZ. Da müssen bei der alten Tante die Spesenmöglichkeiten bei Hotelübernachtungen aber kräftig zusammengestrichen worden sein. Sicher ist dort eine Übernachtung mit 1500 Franken nicht gerade billig. Aber das Waldorf Astoria in New York ist auch nicht gerade billig; das President Wilson in Genf verlangt für die Präsidentensuite immerhin rund 70’000 Franken. Pro Nacht.
Dankeschön der Bank – auf Spesen?
Auf jeden Fall ging es bei dieser Reise im Jahr 2014 darum, dass Vincenz zwei Mitarbeitern und Kollegen ein Dankeschön im Namen der Bank offerieren will. Der eine ist Kommunikationsberater, der andere führt eine Raiffeisen-Tochtergesellschaft.
Auch hier kann man sich wieder fragen, ob Dubai, Luxushotel, Golf so richtig zu Raiffeisen passt. Auf jeden Fall gingen die beiden Eingeladenen davon aus, dass Vincenz über die nötige Prokura verfügt, um diese Einladung im Namen von Raiffeisen aussprechen zu können.
Die Sause kostete offenbar 18’000 Franken pro Nase. Dafür muss man dann auch noch First fliegen und auch sonst nicht auf den Rappen achten.
Jahre danach kommt der Staatsanwalt
Lang ist’s her, Vincenz war damals der Banker des Jahres, unangreifbar, erfolgreich. Ein strahlender Sieger, wie ihn Medien, Mitarbeiter und Genossenschafter lieben. Also wieso nicht, ist doch eine schöne Geste, dachten sich die zwei Eingeladenen. Das blieb auch so, bis sie als Beifang in die Hände des Staatsanwalts gerieten, der unbedingt am Ende seiner Karriere endlich ein Erfolgserlebnis haben will.
Also stuft er die Teilnahme an dieser Reise nicht etwa als minderes Delikt ein, sondern gleich als «Beihilfe zur ungetreuen Geschäftsbesorgung» und gar «Urkundenfälschung». Der Geschäftsführer akzeptierte schnell einen Strafbefehl, weil er sich offensichtlich nicht jahrelangen juristischen Streitereien aussetzen wollte. Der Kommunikationsberater hingegen ist davon überzeugt, dass er sich nichts hat zuschulden lassen kommen und geht vor Gericht.
Einmalig in der jüngeren Rechtsgeschichte, dass die höchstwahrscheinlich unschuldige, vielleicht ein wenig unbedarfte Annahme eines Reisegeschenks für geleistete Dienste als «Beihilfe zu ungetreuer Geschäftsbesorgung» und «Urkundenfälschung» angeklagt wird.
Hinterlasse einen Kommentar
An der Diskussion beteiligen?Hinterlasse uns deinen Kommentar!